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Marktl macht Market Gardening

Herzlich Willkommen neuer Gemüsegärtner!

Projekt: Aufbau von Wertschöpfungsketten für Fleisch, Gemüse und Getreide
Gemüsegärtner Hans-Joachim steht im Schnee an seinem Feld und zeigt die Beerensträucher, die er im Sommer ernten wird.
Noch ist der Boden schneebedeckt. Bei einem Rundgang um die Hofflächen erzählt Hans-Joachim wo er im Sommer welches Gemüse und welche Beerensträucher ernten wird.
© A. Zaghdoudi
Hans-Joachim ist ehemaliger Berufssoldat. 2018 entschied er sich für eine komplette Neuorientierung mit Umzug nach Marktl am Inn. Gemüse anbauen und den kleinen Hof seines Onkels übernehmen, war schon immer sein Traum. Aber wie? Hans-Joachim wollte es von Grund auf verstehen. Der nächste Schritt war also: Erstmal eine Lehre zum Gemüsegärtner machen.

Biointensiven Gemüsebau - die Renessance in Marktl
Während seiner Lehre wurde Hans-Joachim bewusst, dass er über die Grundlagen hinaus, ein besonderes Interesse an ökologischen Anbaumethoden und Direktvermarktung hat. Gleichzeitig überlegte er, wie er, nach der Lehre, am Hof seines Onkels seinen eigenen Gemüsebau gestalten könnte. Und vor allem ohne, dass der Hof wachsen muss und ohne, dass er große Kredite für neue landwirtschaftliche Maschinen aufnehmen müsste.
Dann stolperte er über "Market Gardening". Dabei wird viel Gemüse auf wenig Fläche angebaut. Das klingt im ersten Moment nach viel Düngemitteleinsatz, aber im Gegenteil: Bei Market Gardening handelt es sich um biointensiven Gemüsebau, der ohne chemischen Pflanzenschutz, Kunstdünger und den Einsatz schwerer Landmaschinen auskommt. Zum Großteil wird sogar mit sehr alten handbetrieben Arbeitsgeräten gerarbeitet. Denn das Prinzip stammt bereits aus dem 19. Jahrhundert, und zwar aus Frankreich.
Außerdem ist beim Market Gardening wichtig, dass das Gemüse auf möglichst kurzem Weg vom Acker auf den Teller kommt. Das heißt, dass Hans-Joachim seine Haushalte, die er mit Gemüse versorgen möchte, direkt beliefern würde - ohne Zwischenhändler.

Bio-Gemüse aus dem Landkreis Altötting ist "dünn gesäht"
Das Angebot an Bio-Gemüse aus dem Landkreis Altötting ist noch sehr dünn. Ein Blick auf das Etikett zeigt, dass ein Großteil des Bio-Gemüses in unseren Ladenregalen aus der EU und nicht-EU Ländern importiert wird. Und genau darin sieht die Öko-Modellregion eine Chance. Immer mehr Verbraucher/innen entscheiden sich bewusst für biologisch erzeugtes Gemüse und wollen kurze Transportwege. Das ist eine Perspektive für unsere umstellungsinteressierten Erzeuger. Also Erzeuger, die den Sprung in den Ökolandbau wagen möchten. So wie Hans-Joachim...

Wir waren zu Besuch in der 1. Market Gardening Farm im Landkreis Altötting
Im Januar 2021 treffen wir Hans-Joachim in Marktl auf seinem kleinen Hof an der Kirche. Zwar ist noch alles schneebedeckt gewesen. Doch den genauen Anbauplan hat Hans-Joachim schon im Kopf. Ende März würde er mit der Anpflanzung von Lauchzwiebeln, dicken Bohnen, Spinat und Karotten beginnen. Dann folgen die Radieschen. Je nach Saison gibt es auch ein begrenztes Angebot an Beerenobst. Grundsätzlich ist bei Hans-Joachim Vielfalt die Devise.
Im März treffen wir uns wieder und sehen viele kleine Gemüseparzellen mit spriessenden Gemüse-Pflänzchen. Nebean steht der alte Fendt Farmer 2s Baujahr 70 von seinem Onkel. "Einen neuen großen Schlepper brauchte ich nicht. Wichtig ist mir, dass mein Ackerboden nicht durch schwere Maschinen verdichtet. Dadurch kann er mehr Wasser und Nährstoffe speichern. Dann kommt auch viel Geschmack in mein Gemüse. Das wird hier mal richtig intensiv - wenig Input - viel Output."

Wachsen oder weichen? Weder noch!
Wir reden über Wachstumszwang in der Landwirtschaft und das dramatische Bauernhofsterben. Hans-Joachim sagt "Ich bin froh, dass ich für mich einen Weg gefunden habe, auf kleiner Fläche mit wenig Investitionskosten zu wirtschaften. Das gibt mir ein Gefühl von Freiheit."

Gemeinsam sind wir ... vielfältig!
Die Öko-Modellregion unterstützt Erzeuger wie Hans-Joachim mit Weiterbildungsangeboten rund um den Einstieg in den Ökolandbau. Und sie unterstützt und begleitet bem Aufbau von Lieferbeziehungen zu den Bürgerinnen und Bürgern in der Region. So helfen alle drei - Erzeuger, Verbraucher und Öko-Modellregion - die Vielfalt in unser Kulturlandschaftsbild zurückzubringen. Ökolandbau heißt auch Schutz unserer Artenvielfalt. Wie der Ökolandbau das Problem des Artenvielfalt-Schwundes lösen kann, erfähst du hier.

Und wo gibt's Hans-Joachims Gemüse nun?
Gemeinsam mit Hans-Joachim arbeiten wir an einem Wochenmarkt, über den kleine Erzeuger wie er mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammenkommen. Wo genau es Hans-Joachims Gemüse demnächst zu kaufen geben wird, wollen wir noch nicht verraten. Wir halten euch auf dem Laufenden!
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