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Neuer Obstanger in Lackenbach angelegt

Projekt: Streuobst und Artenschutz
170530-Streuobstwiese
170530-Streuobstwiese
© LPV/ Carsten Voigt
Ende vergangener Woche wurde mit dem Pflanzen des 750. Streuobsthochstammes die wichtige 50-Prozent- Schwelle überwunden. „Eine super Halbzeitbilanz“, waren sich Marlene Berger-Stöckl von der Ökomodellregion und Carsten Voigt vom Landschaftspflegeverband einig. Die beiden trafen sich auf dem Anger der Familie Poller in der Finkenstraße, auf dem gerade 19 Schüler der Staatlichen Berufsschule Traunstein III der Fachrichtung Gartenbau eine neue Obstwiese mit 16 jungen, wuchsfreudigen Hochstamm-Bäumchen anlegten. Damit unterstützte die Schule den Verband und die Region, die sich intensiv und fortlaufend für den Erhalt der bestehenden Obstanger und -gärten und deren Neuanlage einsetzen und sich um alles dafür Nötige kümmern.

Auf Wunsch der Familie von Alexandra und Markus Poller hatte Carsten Voigt auf deren Grundstück diese jüngste Pflanzmaßnahme organisiert. Dort durften die Schüler dann einen Vormittag lang ihre Fertigkeiten ausprobieren. Zunächst erfuhren die angehenden Landschaftsgärtnerinnen und -gärtner von Carsten Voigt und ihrem Klassenleiter, Manfred Meier, sowie von ihren Fachlehrern, Josef Sieber und Klaus Herold, alles Relevante zur Neuanlage, Pflege und Entwicklung einer Streuobstwiese.

Überdies erhielten sie eine ausführliche Pflanzanleitung, die optimales Anwachsen garantiert. Danach hatten alle Gelegenheit, ein Pflanzloch auszustechen, einen Wühlmauskorb aus Drahtgeflecht korrekt einzubringen, Stützpfähle einzuschlagen, das Bäumchen anzupflocken, damit es ein stabiles Wurzelwerk bildet, und hölzerne Verbissschutz-Manschetten anzulegen. Neben dem Vermitteln von Kenntnissen und Fertigkeiten wolle man den Schülern auch den unschätzbaren Stellenwert von Streuobstwiesen näherbringen.

Da gerade diese Bäume das Biotop Streuobstwiese so einzigartig machen, indem sie vielen Tierarten, wie etwa Fledermäusen, Spechten, Staren, Schleiereulen oder Steinkäuzen, aber auch Hornissen einen Lebensraum bieten, ist das Nachpflanzen von jungen Bäumen wichtig, damit es noch in 30 bis 40 Jahren alte, knorzige Bäume gibt, die solche Tiere vor dem Aussterben bewahren. „Landschaftspflege macht man immer für Mensch und Natur“, hieß es.

„Für die Pflanzung der Obstbäume ist der Herbst am günstigsten, allerdings darf der Boden noch nicht gefroren sein. In dieser Zeit haben die Bäume das Laub bereits abgeworfen und es regnet meist genug, sodass die Setzlinge nicht zusätzlich gegossen werden müssen“, sagte Voigt. Die Tochter des Hauses- die sechsjährige Johanna Poller- zeigte sich im Vorfeld aber etwas enttäuscht, denn sie hatte „Bäume mit richtigen Blättern erwartet“.

Dann bestätigte Voigt, dass der Landschaftspflegeverband ein besonderes Augenmerk auf die Auswahl standortgerechter und robuster sowie heimischer Obstsorten legt. „Wir wollen die Vielfalt an Sorten erhalten.“ Heutzutage seien nur noch rund 400 Arten bekannt, während es einst in Bayern rund 2000 verschiedene gegeben habe. So pflanzte man auf dem neuen Anger in der Finkenstraße neben zwei Birnen (die anspruchslose „Pastorenbirne“ und die Sommerbirne „Bunte Julibirne“) und vier verschiedenen Zwetschgen, wie etwa die Hauszwetschge und die Gelbe Spilling, auch Apfelsorten mit wohlklingenden Namen. Darunter waren der Winterapfel „Himbeerapfel von Holovous“, der „Lavanttaler Bananenapfel“ und der „Waginger Kalvill“.
Nach getaner Arbeit gab es für alle eine Brotzeit, gestiftet von der Familie Poller. Interessenten, die eine Obstwiese anlegen oder durch Nachpflanzungen ergänzen möchten, können sich in der Geschäftsstelle des Landschaftspflegeverbands Traunstein bei Carsten Voigt unter Telefon 0861/583 93 melden, oder
bei der Ökomodellregion unter 08681/ 4005- 37.

Als zuständige Fachstelle wickelt der LPV alle Förderanträge ab. Denn sowohl die Bäume (mindestens acht) als auch das notwendige Zubehör werden zu 70 Prozent vom Freistaat und zu 30 Prozent vom Landschaftspflegeverband gefördert. Der Verband lichtet zudem alte Baumbestände aus.

Im Übrigen übernimmt der Landschaftspflegeverband unter der Federführung von Jürgen Sandner seit heuer auch die Bio-Sammelzertifizierung von Streuobst. Dadurch kann das (Bio-) Obst zu einem deutlich höheren Preis an regionale Keltereien verkauft und somit die Wertschöpfung erhöht werden. Man kümmert sich um alle notwendigen Formalitäten mit der Bio-Kontrollstelle. So muss sich nicht mehr jeder einzelne Obstgartenbesitzer damit auseinandersetzen. Auch hier arbeiten LPV und Ökomodellregion Hand in Hand. Mitmachen können Landwirte, die für ihren Betrieb kein Bio-Zertifikat haben, private Eigentümer von Streuobstwiesen, Kirchenstiftungen oder auch Kommunen. Wichtige Kriterien: Die Bäume dürfen in den vergangenen Jahren weder mit Spritzmitteln noch mit leicht löslichem Mineraldünger behandelt worden sein.

Für die Streuobstwiesenbesitzer ist die Aktion kostenfrei.

Quelle: Anneliese Caruso, erschienen in der SOR vom 15.11.2018
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