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Süße Steinlinger Sensation: die Sommer-Sußbirn

Pomologisches Rätsel gelöst

Eine Handvoll Sommer-Sußbirnen aus Steinling
Eine Handvoll Sommer-Sußbirnen aus Steinling
© Barbara Ströll
„Das sind die rotbaschigen Sußbirnen.“, weiß Alfred Weidner. Der ehemalige Landwirt lebt seit 75 Jahren in Steinling. Sein Sohn Norbert erzählt, dass diese großen alten Sußbirn-Bäume so etwas wie ein Wahrzeichen für Steinling sind. „Bei der Flurneuordnung hieß es, das seien ganz besondere Bäume, die sollten unbedingt erhalten bleiben. Die sind quasi geschützt.“ Der größte noch erhaltene Sußbirn-Baum steht im Tal östlich der Straße. Sein Stamm hat einen Durchmesser von einem Meter und seine Krone ist etwa 15 m breit. An der Stelle, wo sich der Stamm verzweigt, wird er durch ein breites Metallband zusammengehalten. Der Pomologe Wolfgang Subal schätzt das Alter des Baumes auf mindestens 200 Jahre. Die kleinen rundlichen Früchte sind sehr saftig und schmecken süß. Subal kennt solche Früchte aus dem südlichen Mittelfranken. Dort hat er etliche Bäume dieser Sorte gefunden. Die Bäume bei Steinling sind der einzige weitere Fund bisher. Allerdings gibt es noch große Gebiete in Franken und der Oberpfalz, die bis heut nicht untersucht wurden. „Seit 20 Jahren versuche ich herauszufinden, um welche Sorte es sich handelt. Ich hatte ihr den Arbeitstitel „Schmeckerbirne“ gegeben, weil sie köstlich süß schmeckt. Nachdem sie in Steinling „Sußbirn“ genannt wird, muss es sich um die Sommer-Sußbirn handeln. Diese ist eine von drei historisch bekannten Sußbirn-Sorten.“ Dank der Begegnung mit Familie Weidner konnte Wolfgang Subal dieses pomologische Rätsel nun endlich lösen. Die Sommer-Sußbirn wird in einem Baumschul-Katalog von 1852 beschrieben. Daher vermutet der er, dass diese Sorte früher eine große Bedeutung hatte und häufig gepflanzt wurde. Möglicherweise wurde sie zum Trocknen, Brennen und zum Mosten angebaut. „Ich werde die Früchte dieses Baumes genetisch untersuchen lassen. So können wir ganz sicher prüfen, ob es sich um die gleiche Sorte handelt wie die, die ich aus Weißenburg kenne. Diese Sußbirn-Sorte habe ich jedenfalls noch nirgendwo sonst gefunden.“ sagt Wolfgang Subal.

INFO
In einem Cadolzburger Baumschul-Katalog von 1852 werden drei Sußbirn-Sorten kurz beschrieben. Dieser Katalog ist bisher die einzige bekannte Quelle.
Die häufigste, in Franken und angrenzenden Gebieten verbreitete Sorte, ist die Wahre Kleine Sußbirn. Ihre Früchte sind gelbgrün und enthalten mehr Säure als die Sommer-Sußbirn. Die Sommer-Sußbirn ist gelb und hat meist rote Wangen. Sie schmeckt saftig süß. Die dritte Sorte ist die Welsche Sußbirn. Von dieser ist aktuell kein sicherer Standort bekannt.

Was macht man mit den kleinen Birnen?
Der Name Sußbirn oder Sousbirn ist nicht im ganzen Amberg-Sulzbacher Land bekannt. In einigen Dörfern sagt man „Holzbirne“ zu allen kleinfrüchtigen Birnensorten. „Für die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sind „Holzbirnen“ Birnen, mit denen man nichts anfangen kann. Die werden kompostiert oder verfüttert.“ stellt Barbara Ströll fest. Kunigunde Weidner weiß noch, wie ihre Schwiegermutter die Sußbirn verwendet hat: „Da wurde eine Suppe mit Einbrenne draus gekocht und getrocknet wurden die auch zu Hutzeln. Da hat man dann zum Beispiel Tee draus gekocht.“ Familie Weidner bewirtschaftet noch einen alten Obstgarten mit seltenen Sorten wie dem Kleinen Herrenapfel und dem Kaiser Alexander. Eine Besonderheit ist dort auch der „Gelbe Spilling“ eine heute sehr seltene, ursprüngliche, gelbe Pflaumenart.

Sußbirn-Kenner gesucht
Barbara Ströll sucht nun weitere Informationen zur Sommer-Sußbirn. Sie möchte herausfinden, ob es weitere Bäume dieser Sorte in der Region gibt und sucht auch Geschichten zu den Bäumen und über die Verwendung der Früchte. Sußbirn-Kenner können sich im Projektbüro der Öko-Modellregion melden unter oekomodellregion@amberg-sulzbach.de oder 09621-39-238.

Barbara Ströll.
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