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Mellaland am Samerberg

Oma-Kultur statt Permakultur

Frau  und Mann mit Hüten stehen vor Haus im Garten
Kerstin & Ralf Rüth
© Daniel Delang

2014 startete das Projekt Permakultur am Samerberg. "Wir wollten schon immer an den Samerberg", so sind sich Kerstin und Ralf, ihr Ehemann, einig. Doch landwirtschaftlichen Boden als "Zuagroaster" zu finden war gar nicht einfach. Glück hatten die beiden erst mit der Ersteigerung eines damaligen "Schandflecks", der für die Bewirtschaftung als Grünland zu klein, zu schattig, zu steil war. In nun fast 10 Jahren wurde aus diesem Fleck ein Permakulturbetrieb mit Hochbeeten, Terassenbeeten, Bienenvölkern und einigen Hühnern. Das sieht nicht nur schön aus, sondern ist auch mittlerweile ein Inbegriff von Biodiversität an den zahlreiche Arten zurückgekehrt sind. Dies bestätigt auch Biologe Alfred Ringler, der sich im Alpenraum für die Kulturlandschatz, Natur- und Artenschutz einsetzt.
Der Erfolg des Projekts zeigt sich in der großen Nachfrage an Gemüsekisten, die Kerstin von Hand und individuell zusammenstellt. "Wir können die ganze Nachfrage gar nicht bedienen und haben eine sehr lange Warteliste". Außerdem gibt es einige Gastronomiebetriebe, die das Projekt seit Anfang an unterstützt haben und immer noch zu den Abnehmern zählen. Ganz lokal beispielsweise der Gasthof Alpenrose, der fußläufig innerhalb von 10 Minuten vom Mellaland zu erreichen ist.
In den Kinderjahren war die Gartenarbeit für Kerstin eher lästig. Erst später erkannte sie den großen Wert dieses Wissens über Gemüseanbau. Neumodern würde man sagen Permakultur. Definiert wird sie vom australischen Begründer, Bill Mollison, wie folgt: "Permakultur ist das bewusste Design sowie die Unterhaltung von landwirtschaftlich produktiven Ökosystemen, die die Diversität, Stabilität und Widerstandsfähigkeit von natürlichen Ökosystemen besitzen." - kurz gesagt: Nahrungsmittelerzeugung in der Natur und mit der Natur. Sowieso seien dies nur leere Worte, denn erst durch die Ausführung, durch den Dreck an den Händen, durch das Scheitern und praktischem Lernen erweckt man die Philosophie zum Leben, so Kerstin.
In Kerstin's Kindheit war es für die Familie normal, sich selbst zu versorgen. So wurde man im Grunde dazu gezwungen, sich mit der Natur und den Systemen auseinanderzusetzen um den höchsten Ertrag aus der vorhandenen, kleinen Fläche rauszuholen.
All das Wissen hat ihre Oma ihr vermittelt. Deswegen heißt es bei Kerstin auch Oma-Kultur statt Permakultur. Jede Familie musste damals mit 1500 m² Land zurechtkommen. Es wurde mit der Natur gewirtschaftet, mit Kompost, mit Regenwürmern. Chemie wurde zur Lebensmittelerzeugung nicht benötigt, nur das Arbeiten mit den Kreisläufen und natürlichen Systemen war gefragt.
Mit ihrem Wissen und ihrer Leidenschaft hat Kerstin ihre ganze Familie angesteckt. Ralf sowie die beiden gemeinsamen Kinder Melanie (ꝉ) und Chiara haben die Permakultur - Ausbildung bei Sepp Holzer in Tirol absolviert. Holzer gilt im deutschsprachigen Raum als einer der bekanntesten Praktiker auf diesem Gebiet.
Davor war Ralf, der hauptberuflich Zahnersatzprodukte herstellt, laut seinen eigenen Worten "der schlechteste Gärtner aller Zeiten". Seit dieser Ausbildung bei Sepp Holzer ist er die "verlängerte Werkbank" von Kerstin und setzt ihre Ideen handwerklich um.

Die Familie Rüth hat trotz vieler bürokratischer Hürden und Rückschlägen im Privatleben ein einzigartiges Projekt umgesetzt. Seit nun fast 10 Jahren bereichert das Mellaland den Samerberg mit Gemüse, und das alles dank wertvollem, altem Wissen - kurz: dank Oma-Kultur.

 

Mellaland – in Gedenken an die geliebte Tochter Melanie.

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