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Einblick in die Arbeit auf einem Biohof

Verbraucher und Landwirte mit dem Kreisbildungswerk und der Ökomodellregion auf Tour

Projekte: Tourismus, Öffentlichkeitsarbeit
Bioerlebnistag_Gruppe
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© Veronika Mergenthal / Ökomodellregion
Auf Einladung des Katholischen Bildungswerks Berchtesgadener Land und der Ökomodellregion Wagingersee-Rupertiwinkel erlebten 16 Interessierte verschiedensten Alters einen spannenden und informativen Nachmittag. Ziel waren zwei der mehr als 30 Bio-Höfe in der Gemeinde Teisendorf und ein Bio-Bäcker.

Gartenbäuerin Thea Götzinger führte die Gäste in Stötten durch ihren herbstlichen Bauerngarten und stellte dann zusammen mit dem Betriebsleiter, ihrem Sohn Franz Götzinger Junior, und ihrem Mann Franz die Arbeitsweise am Hof vor. Vor 20 Jahren hat der Nebenerwerbs-Betrieb auf Bio umgestellt. Im Jahr 2000 fand er als Alternative zur Milchwirtschaft in der Biokalbinnen-Aufzucht eine Marktlücke, die freilich auch besser bezahlt werden sollte, wie die Bäuerin betonte. Insgesamt sind etwa 85 Rinder am Hof. Die Kalbinnen bekommt der Betrieb von einigen benachbarten Höfen, nachdem sie wie im Ökolandbau vorgeschrieben drei Monate lang mit Vollmilch gefüttert wurden.

Einige Wochen vor der Geburt des ersten Kalbes, mit gut zwei Jahren, werden die in Stötten besamten Kalbinnen trächtig an die Partnerbetriebe zurückgegeben.Der andere Zweig, die extensive Mast von Bioweideochsen, erfordert viel mehr Aufwand als die herkömmliche konventionelle Bullenmast, bei der die Stiere mit einem halben oder dreiviertel Jahr geschlachtet werden. Die Verbraucher erfuhren, dass die Ochsen zweieinhalb Jahre lang mit sehr viel Grünfutter - Gras, Silage und Heu – aufgezogen werden und im Sommer ganz auf der Weide leben.

Diese langsame, artgerechte Mast merkt man an der Qualität des Fleisches, das viel Omega3-Fettsäure enthält. Aufgrund der längeren Dauer und des höheren Platzaufwands wäre, wie Marlene Berger-Stöckl, Koordinatorin der Ökomodellregion, betonte, ein sehr viel höherer Preis für dieses besondere Fleisch erforderlich, damit heimische Betriebe auch künftig davon leben können.
Der Vorteil bei der Familie Götzinger ist, dass der Senior als Zimmerer und der Junior als Maurer den Stall in Eigenregie kreativ und zweckmäßig umbauen konnten. So entstand beispielsweise aus zwei überdachten Fahrsilos ein offener Ochsenstall. „Man muss alles können als Bauer: Maurern, Elektroarbeiten, Maschinenrichten“, so das Credo von Franz Götzinger Senior.

Ein echter Biopionier ist Matthias Spiegelsperger aus Wimmern, der bereits in den 80ern auf Ökolandbau umstellte und später dem Demeter-Verband beitrat. Der kleine Betrieb, weitgehend im Vollerwerb geführt, hat 13 Pinzgauer-Kühe mit Hörnern plus Nachzucht. Rein aus Grünfutter bringen die Tiere eine Leistung von etwa 4500 Litern. Wechselnd stehen sie auf zwei bis drei hofnahen Koppeln. Auf 1,8 Hektar Acker gedeihen nacheinander Dinkel und die alte Sorte „Laufener Landweizen“, Kartoffeln und Feldgemüse, Hafer, Winterroggen und das zweijährige Kleegras.

Durch diese Fruchtfolge gibt es kaum Unkrautdruck. Die Teilnehmer hatten viele Fragen, etwa, ob Ampfer auf der Weide bekämpft werden muss. Laut Spiegelsperger ist dieser kein Problem, da es keinen überhöhten Stickstoff-Eintrag gebe. Die Frage, ob die Dürre einen Einfluss auf den Ertrag hatte, konnte der Bauer verneinen: Die Kartoffelernte sei sogar sehr gut ausgefallen. Aus Dinkel und Roggen wird am Hof alle zwei Wochen ein Vollkorn-Sauerteig-Brot gebacken, das ein fester Kreis an Stammkunden kauft.

Durch bodenschonende Geräte wie Mähdrescher mit geringer Spurbreite vermeidet er Bodenverdichtung und erhält das aktive Bodenleben. Zwischen zwei etwas weiter entfernten Waldstücken hat der Betriebsleiter zwei landschaftsbildprägende Hecken angelegt, die eine Nahrungsquelle für Vögel und Zuflucht für Wildtiere sind. Mit einer Brotzeit beim Teisendorfer Bäcker Andreas Neumeier, der auch Bioprodukte aus Laufener Landweizen bäckt, und einem offenen Austausch klang die Führung aus.

Der Umgang mit regionalen Rohstoffen und schwankenden Qualitäten verlange vom Bäcker wesentlich mehr Erfahrung als normiertes Standardmehl, es mache das Backen aber auch interessant, erklärte Neumeier. Der Trend gehe im Bäckereigewerbe allgemein wieder weg von Fertigbackmischungen hin zu mehr hoher Qualität im Bäckerhandwerk.

Unter den Teilnehmern waren neben interessierten Verbrauchern auch andere Biolandwirte, die sich Anregungen holten, wie Annelies Gebhard-Kecht aus Jakobspoint bei Tettenhausen, die Biomilchkühe hat. Sie steht kurz vor der Hofübergabe an ihre Tochter Veronika Moser, die auch ihre Anna (3) dabei hatte, und deren Mann. „Wir haben gute Berufe. Ich bin Krankenschwester und mein Mann baut weltweit Maschinen auf“, erklärt Veronika Moser. Sie seien daher in der „Findungsphase“, um den Hof weniger arbeitsintensiv nebenbei weiter bewirtschaften zu können.
Artikel von Veronika Mergenthal aus der Südostbayerischen Rundschau
vom 10. Oktober 2018
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